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published: 23.12.04 22:04

Pater Sand macht Kunst

Heiligenbilder aus dem Computer

Von Chris Stoffels

Pater Heinz Sand hat mit über Sechzig angefangen, sich mit Computerkunst zu beschäftigen und bringt es auf diesem Gebiet zu wahren Meisterschaften. Die Kunst steht für ihn in engem Zusammenhang zu Glauben und zur Psychoanalyse .

Computerkunst von Pater Heinz Sand. Seit einigen Jahren gestaltet der Spiritaner Bilder per Computer, verfremdet sie zum Teil mit Zeichnungen und Maschinen-Teilen.

Mariä Aufnahme in den Himmel in knalligen Farben, im Lichterschein, betrachtet wie durch ein Schlüsselloch in der Rosenhecke - ein Heiligenbild im MTV- oder Viva-Format. Die grelle Grafik der Pop-Kultur findet Eingang in religiöse Motive. Pater Heinz Sand schafft einen schier unmöglichen Spagat zwischen der Computergrafik und dem Heiligenbild.

Grenzerfahrung einers Mannes, dessen Leben durch Sprünge, Eigenwilligkeit, Nonkonformismus gekennzeichnet ist. Ein Leben im Impuls zwischen Glauben, Kunst und Psychoanalyse. Und doch gibt es einen großen gemeinsamen Nenner: „Ich bin Suchender“, sagt er in aller Bescheidenheit, aber mit dem gesunden Selbstbewusstsein eines Mannes, der auf ein erfülltes, spannendes Leben und breit gefächerte Erfahrungen zurück blickt.

Ein Mann in den Sechzigern für den die Bildersprache der Bibel Ausgangspunkt des eigenen Schaffens, der Kreativität und des geistigen Erlebens ist. Heinz Sand wurde 1937 in Ludwigshafen geboren. Der Großvater übrigens betreibt im benachbarten Oggersheim - von dort stammt Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl - eine Brauerei. Der andere Großvater handelt in der Pfalz mit Baumwolle.

Spiritaner-Pater Heinz Sand entwirft am Computer grafische Kunst , mit teilweise religiösen Motiven . Er verfremdet die Bilder zum Teil mit Maschinenteilen und Alltagsgegenständen, schafft so eine dreidimensionale Wirkung .
NGZ-Fotos (2) : M. Reuter


Und der kleine Heinz bemalt mit vier Jahren in der heimischen Küche den weißen Schrank. so schön und überzeugend, dass sich die Mutter neben ihn setzt und mitmacht. Im Kreise der Familie mit einem Bruder und einer Schwester wächst er auf, absolviert in Ludwigshafen die Volkshochschule. Und da stellt sich die Frage, was weitermachen. Sein Banknachbar will nach Afrika, ein Mythos, der auch Heinz Sand fasziniert.

Er sollte nie dort ankommen. Statt dessen landet er hinter einem hohen Stapel Bücher auf der Schulbank im berühmten katholischen Internat von Speyer. Am liebsten hätte er sofort wieder seinen Koffer gepackt, doch die Blöße will er sich nicht geben. Speyer wird ihm später für Jahre der Lebensmittelpunkt.

Nach der Mittleren Reife wechselt er - wie damals üblich - in das Spiritaner-Internat im sauerländischen Menden. Dort bricht die künstlerische Neigung in ihm durch. Für einige Wochen setzt er sich aus Menden ab, reist nach Paris, wandelt durch die Museen, lässt sich inspirieren, besucht Kurse. Doch auch der Glaube fesselt ihn. Nach dem Abitur studiert er Theologie, absolviert das Noviziat in Heimbach in der Eifel.

Als Student fällt er auf, wird zum Hoffnungsträger der Spiritaner, wird zu Studienzwecken abgeordnet zum Zweiten Vatikanischen Konzil in Rom. Es wird eine Zeit, in der das Religiöse in dem jungen Mann reift. Nach gut zwei Jahren zurück in Deutschland empfängt er 1967 im Dom zu Speyer die Priesterweihe.

Das Afrika des Banknachbarn an der Volksschule hat ihn nicht los gelassen. Er will, mittlerweile 30 Jahre alt, in die Mission. Doch statt am Kongo landet er am Oberlauf des Amazonas. Zunächst jedoch arbeitet er als Studentenpfarrer in der Metropolole Sao Paulo. Das ist 1968, die Zeit der Studentenrevolte: „Da haben wir Rabbatz gemacht.“

Nächste Station ist die Diözese Cruzeiro do Sol; dort hilft er beim Aufbau einer Schule, die von deutschen Dominikanerinnen geleitet wird. Ein Heimaturlaub führt ihn nach Innsbruck. Dort hat die Pastoraltheologie seit einiger Zeit die Psychoanalyse entdeckt. Auch Heinz Sand gerät in ihren Bann.

Er unterzieht sich einer Lehranalyse, studiert bei Eduard Grünewald, lässt sich zum Therapeuten ausbilden. Und er kehrt nach Speyer zurück. In den folgenden 17 Jahren lässt er die Seelsorge in der Kirche ruhen, übt sie auf andere Weise aus: In seiner psychoanalytischen Praxis in Speyer mit Räumen über der Bank des Bistums betreut er ein unterschiedliches Klientel von Nonnen und Priestern bis zu Menschen, die der Kirche eher fern stehen.

Selbst seine Lehrmeister, beziehungsweise deren Umfeld kommen zu ihm: „Du musst zum Sand gehen“, gilt beim manchen als geflügeltes Wort. Vor zehn Jahren dann gewinnen Religion und Kunst wieder die Oberhand. Sand wechselt nach Knechtsteden und übernimmt in der Klostergemeinschaft einige Aufgaben. Er betreut das ethnologische Museum, führt Gruppen durch Kloster und Kirche. Und er hält die heilige Messe jeden Sonntag um 18 Uhr.

Seine offenen und klaren Predigten finden zunehmend Anhänger - seine „Fan-Gemeinde“. Und Heinz Sand wendet sich erneut der Kunst zu. Aus den vier kleinen Altären in den Türmen werkelt er er einen neuen großen Altar für die Basilika, den Kardinal Joachim Meisner weiht. Heinz Sand schafft den Brunnen im Innenhof des Kreuzgangs, das Denkmal auf dem Friedhof . . .

Und der Pater malt, gestaltet, schließt sich der in Knechtsteden beheimateten Galerie-Werkstatt an, wirkt dort mit.Er ist auf der Suche nach Neuem, einer näheren Wirklichkeit. Es kommt der Tag, als er von den gestalterischen Möglichkeiten des Computers erfährt: „Ich war fasziniert.“

Er schildert seinen Mitbrüdern im Kloster die Möglichkeiten, weist auf zusätzliche Einnahmen durch gedruckte Führer und Postkarten hin - eine seiner Leidenschaften ist die Fotografie. Die Überzeugungsarbeit wirkt: Er schafft einen Painter classic und Photoshop an, einen großen speziellen Farbdrucker. „Dann habe ich mich darin reingefressen.“ Tags und meist auch nachts experimentiert er, probiert aus.

Die Anlage in seiner Klause neben dem Bett wächst, nimmt mittlerweile das halbe Zimmer ein. Erste Erfolge stellen sich ein. Die ersten Bilder zeigen noch gegenständlich die Gründerväter des Ordens. Doch mehr und mehr gewinnen die Bilder eigene Gestalt, einen eigenartigen Duktus. Sonnengesänge heißt ein umfangreicher Zyklus eindrucksvoller Grafik. Hinter allem stehen die Bilder der Bibel und die assoziative Strenge der Analyse.

Manche der Werke erschrecken. Zum Beispiel jenes grelle Marienbildnis, mit der letzten Kippe und einer kleinen, schwarzen Hexe: „Ich hatte mir gerade mal wieder das Rauchen angewöhnt.“ Geniale Selbstironie: Heinz Sand sucht - und spielt. Die reine Computergrafik ist ihm längst zu wenig: Er gibt plastische Elemente hinzu, die wie Maschinenstücke wirken. Es sind Computerteile, edel im Material, glatt und fein in der Form.

Sie wirken wie Fremdkörper, erst bei längerem Hinsehen erschließt sich ihre Sinnhaftigkeit: Es ist die Suche nach neuen Inhalten und Formen. „Religiöses, Kunst und Psychoanalyse ist für mich eins. Es ist die Suche nach dem Innersten, Heiligsten, Wahrhaftigsten.“ Eine Suche, die sich in Bildern und in der Liturgie am stärksten äußert: „Es sind jene Formen, die den Menschen im Innersten berühren.“

Die wahren Gottesbilder, zum Beispiel die Sprachbilder der Bibel, sind Kunst. Kirchengebäude wie die Knechtstedener Basilika sind für ihn „grandiose Gesamtkunstwerke von der faszinierenden Architektur bis zu den Symbolen der Paramente“. Das Bild einer Frau mit fliegenddem Haar, der blaue Schmetterling, der goldbraune, kreisrunde Mond - Symbole, die in den Grafiken immer wieder kehren - serielle Effekte, die letztlich nur der Computer schaffen kann.

Zunehmend malt Heinz Sand auch wieder. Doch ganz im Gegensatz zu den an der Maschine gestalteten Werken, beschränkt er sich dabei auf Gouachen, von Schwarz über die ganze Palette der Grautöne bis zum Weiß.

Eindrucksvolle Skizzen von Bäumen und Maschinenteilen, die jetzt auch als Elemente in die Computerbilder Einzug halten: Heinz Sand ist auf dem Weg zum Gesamtkunstwerk. Bei einem eigenen Bild hält er spontan inne: ein Objet trouve‘ (gefundenes Objekt) - es ist das erste Mal, dass er vom „Finden“ spricht. Pater Heinz Sand ist auf seiner Suche weit vorangekommen.
 

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